Museum on the couch – Kreative und reflexive Erkundungen in den ethnographischen Sammlungen 2015-2019
Ein Vortrag von Bernard Müller
Montag, 17. Juni 2019
18 Uhr
Institut für Kunst im Kontext
Universität der Künste Berlin
Einsteinufer 43-53, 3. Stock
10587 Berlin
Der Vortrag berichtet über die 5 Sitzungen des Seminar-Workshops, die im Zeitraum 2015-2019 im Grassi Museum für Völkerkunde in Leipzig, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ethnologie, stattgefunden haben. Es handelte sich um eine halbjährlich stattfindende Lehrveranstaltung: Nachdem die Studierenden sich für ein Thema ihrer Wahl, das eine ethnologische Fragestellung aufgreift, entschieden haben, haben sie ein Projekt erarbeitet; ein Vermittlungskonzept, eine Installation, eine Performance, dessen Realisierungsschritte zugleich als Entwicklungsphasen ihrer Forschungsarbeit konzipiert sind. Nach Abschluss der zwölf dreistündigen Sitzungen werden die studentischen Projekte über den Zeitraum von etwa einem Monat in einem Parcours innerhalb der Dauerausstellung, markiert durch einen roten Punkt, öffentlich präsentiert. Die Studierenden werden dazu ermutigt, bei ihren Erkundungen des Zusammenspiels von Theorie und Praxis den Arbeitsprozess vollständig, in all seinen Facetten und mitsamt den auftretenden Schwierigkeiten in einem Arbeitsprotokoll, das sie am Ende des Semesters vorlegen sollen, zu dokumentieren, auch wenn diese Schwierigkeiten – die Auswirkungen etwa des schlechten Wetters auf die Planungen, der krankheitsbedingten Abwesenheit eines Teilnehmers oder anderer Zwischenfälle – trivial erscheinen mögen. Der Prozess soll somit als sich in die Wirklichkeit einschreibende Handlung begriffen werden, das heißt, als von Unwägbarkeiten bestimmt wie jede andere Handlung auch. Von den Studierenden des Seminars „Museum on the Couch – Kreative und reflexive Erkundungen in den ethnographischen Sammlungen“ wird erwartet, mit ihren Interventionen „heuristische Störungen“ zu verursachen, die dazu beitragen, die institutionellen, symbolischen oder praktischen Zwänge zu erhellen, denen der Museumsbetrieb unterworfen ist.
Mehr Info: http://ethno.gko.uni-leipzig.de/index.php/de/museum/kooperation-grassi
Bernard Müller studiert Forschung- und Wissenserzeugungs-prozesse, die von der ethnographischen Feldarbeit inspiriert sind, wie sie sich heute sowohl innerhalb der Disziplin als auch außerhalb wissenschaftlicher Einrichtungen, insbesondere in der Kunst und in der Performance entwickeln. Er interessiert sich besonders für Inszenierungsprozesse, sei es szenische Anordnungen (Theater, Rituale, Performances usw.), Museumsszenografien oder jede Situation, die explizit wie eine Art "Spektakel" verstanden wird. Seine vergleichende Forschung, die sich auf die Kulturgeschichte Westafrikas (Nigeria, Benin, Togo, Ghana) spezialisiert hat, entwickelt sich auch in anderen Bereichen (Europa und Brasilien) und bezieht sich insbesondere auf die Beziehungen zwischen Kunst und Ethnologie heute. Neben seinen Forschungs- und Dramaturgaktivitäten entwirft Bernard Müller wissenschaftliche und kulturelle Programme: Vortragsreihen, Ausstellungen, Multimedia-Installationen, Mediationsaktivitäten und / oder Dramaturgie. Seit 2003 leitet er ein Seminar an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales (Paris) und ist Mitglied des Instituts für interdisziplinäre Sozialforschung (IRIS = UMR 8156 - CNRS-Inserm-EHESS-Universität Paris 13) in Paris. In Zusammenarbeit mit dem Ethnologischen Institut und dem Grassi-Museum für Völkerkunde Leipzig leitet er seit 2015 das Lehr- und Forschungsprogramm „Museum auf der Couch - Reflexive und kreative Erkundungen in den ethnografischen Sammlungen“. 2016 gründete er das Ouvroir d'Anthropologie Potentielle, eine Initiative, die darauf abzielt, Forschungs- und Kreationsaktionen in einer Konvivialen (Ivan Illich) und libertären Perspektive durchzuführen: www.curioweb.org.
Der Vortrag findet im Rahmen des Kooperationsprojekts „INTERVENTION M21: AM HUMBOLDTSTROM: Sammeln in 19.Jahrhundert“ der Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußische Kulturbesitz und der Universität der Künste Berlin, Institut für Kunst im Kontext statt.