Koloniales Kapital
Übung zur Geschichtsvermittlung

Wanda Growe

„Koloniales Kapital“, Videostill, 2019

Geschichte schreibt sich in den städtischen Raum ein. Sie wird mehrfach überschrieben, verändert, gelöscht und erneuert. Wer knüpft Erinnerungen wo und wie an Orte einer Stadt wie Berlin und nimmt Einfluss auf Erinnerungen in der Gegenwart?
Nicht nur die ehemaligen Kolonien tragen das Erbe des Kolonialismus in sich, auch die Metropolen Europas.
Dass Berlin einst Zentrum des deutschen Kolonialimperialismus im Jahre 1884 wurde, ist immer noch ein kaum bekannter Aspekt der Berliner Stadtgeschichte, obwohl dieses Kapitel bis heute Auswirkungen auf unser tägliches Leben und Konsumverhalten hat.
Der deutsche Kolonialismus gilt als „nationales Verlustgeschäft“, doch die privaten Gewinner*innen dieser Geschichte sind kaum bekannt und untersucht. In einer Stadtrecherche habe ich diese benannt. Aspekte des privaten und kollektiven Gedächtnisses überschneiden sich. Anhand der Biografien erklären sich größere Zusammenhänge der Berliner Kolonialpolitik in seiner globalen Verwobenheit.
Das aus dieser Recherche entstandene Material – ein Archiv – soll einen Rahmen für Diskussionen und Austausch bieten und das Hinterfragen der dominanten Stadtgeschichte und Erinnerungskultur in Berlin fördern. Mit künstlerischen Mitteln, einer dazu entstanden Lecture Performance, wird Geschichte erzählt und gespielt, in verschiedenen Zeitebenen wird von den Resultaten der Recherche berichtet, die immer wieder durch gegenwärtige Bezüge unterbrochen werden und mit biografischen Momenten verwebt. Die Visualisierung für die Lecture-Performance dient als ein Entwurf für ein Wandbild im Berliner Stadtraum.

„Koloniales Kapital“, Wandbild, 2019

Wanda Growe
geboren und lebt in Berlin. Arbeitet als Künstlerin in den Bereichen Malerei, Druckgrafik, Performance, Installationen in den letzten Jahren besonders im Bereich Kunst im öffentlichen Raum. Sie beschäftigt sich mit verschiedenen Themen: demokratische Teilhabe im öffentlichen Raum, postkoloniale Theorien, Prozesse von Macht und Fiktion, Erinnerungskultur und -politik.

Betreut von Kristina Leko